Masseur/in und medizinischer Bademeister/in

Einheitsberuf statt Einzelkämpfer „Unser Weg für die Zukunft: Die Kompetenzen der Masseure mit denen der Physiotherapeuten vereinen

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von Kea Antes
am 27.04.2018

Drei bis vier Wochen – solch lange Wartezeiten auf einen Termin sind bei Fachärzten mittlerweile vollkommen normal. Doch auch einige Massage- und Physiotherapiepraxen können ihren Patienten keine zeitnahen Termine mehr anbieten. Der Grund: Nachwuchsmangel. Der Verband physikalische Therapien (VPT) arbeitet an zwei Fronten, um dieses Problem in den Griff zu bekommen: An einem Einheitsberuf, der die Kompetenzen der Masseure mit denen der Physiotherapeuten vereint. Und daran, dass die Ausbildung endlich kostenfrei wird.

Sowohl die Physiotherapeuten als auch Masseure und medizinischen Bademeister gehören zu den sogenannten physiotherapeutischen Berufen. Die gesetzlichen Grundlagen für die Ausbildungen sind primär im „Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz - MPhG)” vom 24. Mai 1994 geregelt. Zugunsten des Berufs Physiotherapeut wurde damals der Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters zurückgestuft. „Der Massagetherapie wird zudem zur Last gelegt, sie sei rein passiv und deshalb wirksamkeitsärmer als aktive Therapieformen“, sagt Hans Ortmann, Vorsitzender des VPT Landesverbandes Bayerns. „Hinzu kommt, dass laut Heilmittelkatalog die gleichzeitige Verordnung von Massagetherapie und Übungsbehandlung als aktivierende Ergänzung nicht möglich ist.“ All diese Punkte führen dazu, dass der Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters im Gegensatz zu dem des Physiotherapeuten eine geringere Wertschätzung erfährt.

Das spiegelt sich auch in den Ausbildungszahlen wider: 2014 gingen diese laut Berufsbildungsbericht der Bundesregierung um 20 Prozent zurück. Im Vorjahr waren es „nur“ 14 Prozent. Auch die Ausbildungszahlen der Phystherapeuten gingen zurück, doch bei weitem nicht so gravierend (2014 minus 3,98 Prozent).

 

Berufsreform dringend notwendig

Masseure und medizinische Bademeister erhalten eine umfangreiche Ausbildung in manuellen Behandlungstechniken und werden dadurch zu Gewebespezialisten. Diese Fähigkeiten können derzeit nur schwer durch andere Heilberufe, beispielsweise Physiotherapeuten, ersetzt werden. „Doch damit der Beruf Zukunftschancen hat, muss das Berufsbild dringend überarbeitet werden“, so Ortmann. „Es muss an die neusten wissenschaftlichen Kenntnisse angepasst und aktiver gestaltet werden. Das betrifft beispielsweise die Bereiche Beratung, Gesundheitsförderung und Prävention.“

 

Auch die Definition des Heilmittels Massage ist laut VPT nicht mehr aktuell. Es bedarf einer klaren Abgrenzung zum Wellnessbereich. „Hinzu kommt, dass nur ein Bruchteil der Therapien, die Masseure und medizinische Bademeister anwenden können, im Heilmittelkatalog aufgenommen sind“, so Ortmann. „Der Tätigkeitsbereich ist dadurch stark eingeschränkt und viele Außenstehende, wie Ärzte aber auch Patienten, bekommen dadurch ein vollkommen falsches Bild vom Können der Berufsgruppe.“ Zusätzlich muss es möglich sein, dass die Verordnung von Massagetherapie und Übungsbehandlung als aktivierende Ergänzung gleichzeitig möglich ist. Eine Berufsreform sei dringend notwendig, betont Ortmann.

 

Einheitsberuf Physiotherapie: Kompetenzen zusammenlegen

„Schon seit Jahrzehnten setzen wir uns als VPT für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeuten und Masseuren und medizinischen Bademeistern ein“, so Ortmann. Der VPT hat dafür zwei konkrete Vorschläge. Die eine Variante umfasst zwei gleichwertige Medizinalfachberufen mit sich ergänzenden modulhaften Inhalten. „Die zweite Variante ist ein Einheitsberuf, bei dem die Kompetenzen der Masseure und Physiotherapeuten gebündelt werden“, erklärt der Vorsitzende. „Das ist unser Hauptziel, das wir derzeit verfolgen.“

 

Herr Ortmann sieht in einem Einheitsberuf Vorteile für alle Beteiligten – für die Therapeuten selbst, die Verordner, die Patienten und auch die Kassen. Denn dann gäbe es nur noch eine Blankoverordnung, durch die nicht mehr darauf geachtet werden müsse, ob sie, wie bisher notwendig, kompatibel für Masse- oder Physiotherapiepraxen ist. Therapeuten erhielten zudem mehr Autonomie, um befundorientiert und individualisiert therapieren zu können. „Davon profitieren auch die Patienten“, sagt der Vorsitzende. „Und letztendlich käme ein Einheitsberuf auch den Kassen zu Gute, da die Abrechnungsmodalitäten vereinfacht wären.“

 

Berufsbild stärken, Direktzugang fordern

Grundvoraussetzung dafür sei jedoch ein neues, einheitliches Curriculum mit zeitgemäßen Inhalten. Ein Großteil der Zertifikatsleistungen, beispielsweise die Manuelle Lymphdrainage, müsse zudem bereits Teil der Ausbildung sein. Laut Ortmann bedeute ein umfangreicheres Curriculum aber auch eine längere Ausbildungsdauer von vier Jahren. Bisher dauert die Ausbildung zum Physiotherapeuten drei Jahre, die zum Masseur und medizinischen Bademeister zweieinhalb Jahre. Mit einem solch starken Einheitsberuf könne dann auch die Berufsautonomie weiter vorangebracht und das Thema Direktzugang in Angriff genommen werden.

 

Es tut sich etwas in der Politik

„Nach wie vor sind die Ausbildungskosten, die physiotherapeutische Berufe tragen müssen, also auch Masseure und medizinische Bademeister, ein großes Problem“, so Ortmann. „Doch an dieser Front gibt es erfreuliche Nachrichten. Alle Fraktionen haben versprochen, dass die kostenfreie Ausbildung für Physiotherapeuten und Masseure und medizinische Bademeister kommen wird.“ Die Länder arbeiten gerade daran, zu klären, wo die Gelder dafür herkommen. Auch die Ausbildungsreform steht in dieser Legislaturperiode auf der Agenda, sagt der Vorsitzende des VPT Bayern. „Egal, mit welchen Politikern Sie reden, die physiotherapeutischen Berufe sind im Gespräch“, sagt Ortmann. „Wir sind in der Politik so präsent, wie wir es noch nie waren und tun alles, damit das so bleibt.“

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