Podologe/Podologin

Podologie – ein Mangelberuf

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am 16.08.2017

Der Beruf des Podologen ist unverzichtbar – zum Beispiel bei der Versorgung des Diabetischen Fußsyndroms. Das Problem: Die Zahl der Diabetiker steigt, doch die der Podologen sinkt deutlich. Höchste Zeit, etwas an den Rahmenbedingungen zu verändern, sagen Vertreter der Berufsverbände.

Eine schlechte Durchblutung, Nervenstörungen, nicht selten chronische Wunden, eindringende Keime bis hin zu Amputationen – so sieht das Diabetische Fußsyndrom aus. Um dieses anspruchsvolle Krankheitsbild und andere krankhafte Veränderungen der Füße zu behandeln, bringen Podologen besondere Kompetenzen mit. Sie verfügen über spezielles Wissen, Instrumente und Techniken, um zum Beispiel verdickte Nägel, Hornhaut und Schwielen fachmännisch abzutragen und wissen, wie Orthosen, Entlastungsverbände, Nagelkorrekturspangen und Nagelprothesen richtig einzusetzen sind.

Versorgung von Diabetikern in Gefahr

Patienten, die ein Diabetisches Fußsyndrom entwickelt haben, können von ihren behandelnden Ärzten eine Heilmittelverordnung für Podologie, also ein Rezept, erhalten. Sie haben damit einen Anspruch darauf, von einem Podologen versorgt zu werden. Doch ob dieser Anspruch auch in Zukunft noch erfüllt werden kann, steht auf einem anderen Blatt, denn der Podologie fehlt der Nachwuchs an allen Enden. „Auf knapp 83 Millionen Menschen in Deutschland kommen inzwischen rund acht Millionen Diabetiker und nur etwa 15.000 Podologen. Das ist eine Zeitbombe“, sagt Michael Ziller, Stellvertretender Vorsitzender des baden-württembergischen Landesverbands des Verbands Deutscher Podologen (VDP).

Auch Annett Biedermann, Präsidentin des Deutschen Verbands für Podologie (ZFD) e.V., teilt diese Sorge: „Die Nachfrage ist sehr hoch und wird in den kommenden Jahren durch den demographischen Wandel noch enorm ansteigen. Schon jetzt kann der Bedarf nicht gedeckt werden, insbesondere in den ländlichen Regionen herrscht eine akute Unterversorgung. Bald gehen dazu noch viele ältere Podologen in Rente – der Altersdurchschnitt liegt bei über 50 Jahren. Die wenigen verbliebenen Podologen werden deren Patienten kaum auffangen können.“

Wenig Geld, wenig Planungsfreiheit, viel Bürokratie

Dass der Beruf des Podologen so unattraktiv für junge Menschen scheint, liegt zum Teil daran, dass die Bezahlung überaus gering ist. Die Tatsache, dass Schüler an den meisten Berufsfachschulen ihre Ausbildung durch ein Schulgeld selbst finanzieren müssen, tut das ihre dazu, um den Berufsweg nicht gerade lukrativ erscheinen zu lassen.

Verbandsvertreter sehen dazu noch weitere Hürden, die Podologen den Alltag erschweren und die Berufszufriedenheit mindern. Zum Beispiel eine zu große Bevormundung durch ärztliche Verordnungen. Diese schreiben im Moment bei Diabetikern pauschal alle vier bis sechs Wochen eine podologische Behandlung vor. „Würde man diese Zeitplanung mehr uns überlassen, könnte man viel Geld sparen“, sagt Ziller. „Denn manche Patienten müssten eigentlich nach drei Wochen schon wieder kommen, bei anderen reichen acht Wochen.“

Dabei steige der organisatorische und bürokratische Aufwand stetig, zum Beispiel bei der Dokumentation, sagt Biedermann. „Und sehr oft müssen wir uns dann noch mit fehlerhaft oder unvollständig ausgefüllten Verordnungen auseinandersetzen, die zu korrigieren Zeit kostet.“

Heilmittelverordnungen nicht nur für Diabetiker

Die Krankenkassen sollten zudem für einen größeren Patientenkreis podologische Behandlungen bezahlen als nur für Diabetiker, darin sind sich Biedermann und Ziller einig. „Es gibt eine Vielzahl von Menschen mit Erkrankungen, die Veränderungen und Beschwerden am Fuß hervorrufen. Nur einige Beispiele dafür sind der rheumatische Formenkreis, Arthrose oder ein geschwächtes Immunsystem durch Chemotherapie“, erklärt Biedermann. „Wir lernen in unserer Ausbildung, auch diese Patienten zu behandeln. Es ist Zeit, dass das Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenkassen sie einbezieht.“ Auch sollten die Kassen nach ihrer Auffassung noch mehr Leistungen übernehmen wie zum Beispiel Nagelkorrekturspangen, die Patienten vor schmerzhaften Operationen und Arbeitsunfähigkeit bewahren.

Ein erster Schritt in diese Richtung könnte das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz sein, das im April 2017 in Kraft trat. „Es eröffnet die Möglichkeit, Leistungen bei weiteren Erkrankungen modellhaft zu erproben, ausdrücklich auch in der podologischen Therapie. Diese Chance werden wir nutzen“, versichert Biedermann.

 

Kenntnisse im Wundmanagement endlich einsetzen

Ein weiteres Ziel, für das der Deutsche Verband für Podologie kämpft, ist mehr Behandlungen ohne ärztliche Anordnung durchführen zu dürfen. „Zum Beispiel erwerben wir schon in der Ausbildung Kenntnisse zu chronischen Wunden an Fuß und Unterschenkel“, sagt Biedermann. „Viele von uns absolvieren dazu noch die Qualifikation zum Wundmanager oder Wundexperten. Qualifiziert sein heißt aber nicht, dazu berechtigt zu sein, die Fähigkeiten auch einzusetzen.“ Ohne ärztliche Verordnung können Podologen im Moment nur Heilkunde ausüben, wenn sie die Erlaubnis zum „Sektoralen Heilpraktiker auf dem Gebiet der Podologie“ haben.

Eine Chance sieht Biedermann hier in der geplanten Novellierung der Berufsgesetze sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen: „Wir werden als Verband aktiv darauf hinwirken, dass Podologen dann endlich ihre Kompetenzen besser einbringen können, damit sich der Beruf weiterentwickelt und an Attraktivität gewinnt.“ 

Amputationen verhindern – Gesundheitsausgaben senken

Politik und Kassen zeigten sich langsam zu Zugeständnissen zugunsten der Podologen bereit, das hat auch Ziller festgestellt. Dies sei im Hinblick auf das gesamte Gesundheitswesen äußerst sinnvoll. Denn sein Berufsstand sei nicht nur für die bestmögliche Versorgung der einzelnen Patienten wichtig, er trage dabei auch großes Potenzial in sich, Kosten einzusparen: „In Deutschland amputieren Ärzte jährlich für 400 Millionen Euro Füße und Zehen von Diabetikern“, rechnet Ziller vor. Zähle man die Nachsorgekosten ein, käme man sogar in den Milliardenbereich. „Wenn ein Podologe durch eine gute Behandlung im Jahr ein bis zwei Amputationen verhindert, spart das Gesundheitssystem dadurch 20.000 Euro ein. Davon kann man viele andere Patienten behandeln.“ Zillers Appell an die Jugend ist daher: „Werdet Podologe.“ Denn der vom Aussterben bedrohte Beruf hat eine große Zukunft. 

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